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Assange Gerichtsprotokoll 22. September: Morgens

Assange Gerichtsprotokoll 22. September: Morgens

Assange weist ein “Bündel von hohen Risikofaktoren“ auf, erklärt ein Experte dem Gericht

Die Auslieferungsanhörung von Julian Assange in London erreichte am zehnten Tag der Beweisführung einen neuen Abschnitt mit Beginn des voraussichtlich dreitägigen Verfahrens bezüglich der detaillierten medizinischern Beweisführung beider Seiten.

Der erste dieser Zeugen, der aussagte, war der Sektionsleiter für Neuropsychiatrie am King´s College in London, Professor Michael Kopelman, der vor die Verteidigung trat.

Kopelman sagte dem Gericht, er habe Assange mehrmals im Gefängnis besucht, seine komplette Krankengeschichte aufgenommen und mit Freunden und Familie gesprochen, bevor er einen detaillierten Bericht hervorbrachte, den er dem Gericht vorstellte. Der Zeuge gab dem Gericht dann eine Zusammenfassung der psychiatrischen Krankengeschichte von Herrn Assange und seiner aktuellen Symptome, er sagte, ein Befehl zur Auslieferung würde das Risiko für seine geistige und körperliche Gesundheit stark erhöhen, und zu einem „Bündel von hohen Risikofaktoren“ führen.

Im Kreuzverhör für die US-Regierung befragte der Staatsanwalt James Lewis den Zeugen über die internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD), einem internationalen Standard für Diagnoseklassifizierung für eine Vielzahl von Gesundheitszuständen, einschließlich psychischer Gesundheit. Kopelman sagte, er mache seine eigenen Diagnosen und denkt, die ICD-Definitionen könnten „politisch“ sein, hinzufügend, dass ICD-Klassifizierungen psychologischer Gesundheit nicht von ungeschulten Leuten „nach der Art eines Kochbuchs“ angewandt werden sollten.

In einem anderen Austausch legte James Lewis dem Zeugen nahe, er sei Neuropsychiater, was physische Gehirnverletzungen betrifft, und er sei kein forensischer Psychiater, also könne man sich nicht komplett auf sein Urteil verlassen, um die geistige Gesundheit eines Gefangenen zu bewerten wie es ein Spezialist könnte. Kopelman antwortete, er erinnere sich daran von einem Anwalt aufgerufen worden, der ihm sagte, „Es gibt eine Auslieferungsanhörung in Wandsworth und James Lewis würde sich gerne auf Ihre Dienste berufen,“ was zu Gelächter im Gerichtssaal führte.

Der Strafverfolger begann dann verschiedene medizinische Artikel zu zitieren und fragte Kopelman, ob er sie gelesen habe. „Ich dachte nicht, dass ich gekommen bin, um einen Einstufungstest abzulegen,“ erwiderte er.

Lewis legte dann nahe, dass Assange ein intelligenter Mann mit einem Motiv die Probleme seiner geistigen Gesundheit zu übertreiben sei, um nicht in die USA ausgeliefert zu werden. Er ließ verlauten, dass der WikiLeaks-Gründer „simuliert“, und bemerkte, er sei ein regelmäßiger Leser des British Medical Journal. Der Strafverfolger sagte dem Gericht, ein vermeintlicher Vorfall im Belmarsh-Gefängnis, der sich im Bericht des psychiatrischen Expertenzeugen befindet, stünde jedoch nirgendwo im Gefängnisarchiv. Kopelman bestätigte, dass er nicht in der Lage war, dies zu bekräftigen und dass er darauf hätte verweisen sollen, dass er allein Assanges Wort zu diesem Ereignis habe.

Die Staatsanwaltschaft zitierte auch verschiedene Berichte des psychiatrischen Gefängnispersonals, welche aussagen, dass Assange gesund genug sei, um einer Anhörung beizuwohnen, worauf Kopelman sagte, Assange würde sich ihm mehr öffnen als dem Gefängnispersonal, er sagte viele dieser Berichte stellen wenig mehr als „eine schnell Bewertung auf dem Weg zum Gericht dar.“

Der Professor sagte dem Gericht auch, dass aus seiner Sicht es Herrn Assange widersterbe sich dem Personal zu öffnen aus Furcht unter Zwangsbeobachtung gestellt oder in Isolation gesteckt zu werden. Zu einem positiven Bericht eines Gefängnispsychiaters bezüglich der geistigen Gesundheit befragt, sagte Kopelman dies sei geschehen bevor Assange in eine Einzelzelle gesteckt wurde und bevor er ihn untersucht habe. Kopelman gab auch zu verstehen, dass der Angeklagte gewisse Gesprächsthemen mit dem Gefängnispersonal aus Scham vermeidet.

Er bezeichnete einen weiteren positiven Bericht als Ergebnis einer „Kästchen-ankreuzen-Übung“ und sagte man könne sich nicht darauf verlassen. In einem weiteren Austausch sagte Lewis dem Zeugen, „Ich versuche, ihre Meinung zu ändern, Herr Professor.“ Der Zeuge fragte, „Was bezüglich?“, der Anwalt antwortete „Bezüglich Ihrer Diagnose.“ Kopelmans Antwort lautete: „Ich bin Psychiater, Sie Anwalt.“

Das Verfahren geht weiter.